Aus der Ferne erinnert die Szenerie mit Wimpelketten und Emoji-Piñata an einen Kindergeburtstag. „dale dale dale“ [los, los, los] steht in kindlicher Schrift auf dem bereitliegenden Schlagstock – die Anfangszeile des spanischen Kinderliedes, dessen Länge allen Mitspielenden das Zeitlimit des Spiels diktiert.

Dem gegenübergestellt präsentiert sich eine dem Emoji ähnlich gestaltete stählerne Figur in Form eines kleinen Alpakas, die in ihrem transparent lackierten Zustand wie ein Rohling wirkt. Erst im Dialog der Figuren irritiert die Materialität der farbig gefassten Wimpel und der hängenden Piñata, denn auch sie bestehen aus Stahlblech. Einhergehend mit der gespenstischen Szenerie der scheinbar abrupt verlassen wordenen Party werden gewaltvolle Assoziationen geweckt, schließlich scheint die Aufgabe des Zerschlagens der Piñata, wenn überhaupt, nur noch unter hoher Gewaltanwendung des Baseballschlägers möglich – einer legal erwerblichen Waffe. Das „Ich liebe es / dich“ ausdrückende Emoji mit den Herzaugen wirkt verhöhnend als erstarrtes Zeichen eines Ausdrucks, der nicht mehr versprachlicht werden kann – ähnlich wie bereits in der früheren Werkserie Frozen Emojis (2018) des Hamburger Künstlers.

Es sind wieder die Symbole der Event- und Partygesellschaft, die Huber hier aufgreift und durch die Wahl der Materialien für die Ewigkeit konserviert, um uns die Vergänglichkeit des Moments vor Augen zu führen. Gleichzeitig übt er Kritik an der hedonistischen Konsumgesellschaft, die ständig nach den Superlativen greift, dahin drängt, dem Sein zu entfliehen und letztendlich doch nur sich selbst dabei verliert. Schließlich ist die Piñata, einst Gegenstand eines religiösen Brauchtums, zum Symbol der kulturellen Aneignung und Kapitalisierung traditioneller Praktiken geworden. Denn entgegen des allgemeinen Glaubens, es handele sich hierbei um einen alten mexikanischen Brauch, hat die Piñata eine stark kolonialgeschichtlich beeinflusste Tradition. So machten sich spanische christliche Missionare im 16. Jahrhundert ein Ritual der Azteken zu nutzen, bei dem der Geburtstag des indigenen Kriegsgottes Huitzilopochtli  durch das Zerschlagen eines Tonkrugs gefeiert wurde. Die Missionare codierten dieses Ritual um, löschten es aus dem kollektiven Gedächtnis, indem sie es durch ihren eigenen Brauch des Zerschlagens eines für die Todsünden stehenden siebenzackigen Tonkrugs überdeckten. Mit der Zeit verblasste auch diese christliche Bedeutung der Piñata. Heute ist sie in der Form von Heldenfiguren oder Tieren, selbst in Deutschland, in fast jedem Supermarkt erhältlich und wird zu vielen feierlichen Anlässen wie Geburtstagen, Hochzeiten oder zu Weihnachten zerschlagen. Hierzulande verkauft sich vor allem die Alpaka-Piñata, da es als traditionell mit Lateinamerika verbundenes Tier „authentisch“ erscheint. Mit seiner farblosen, roh belassenen Alpaka-Figur kritisiert Florian Huber diesen Kult unserer Gesellschaft um eine Authentizität, die sich allein auf eine scheinbare Primitivität gründet und der damit automatisch ein hegemoniales Machtgefälle innewohnt. Indem Huber im Inneren des Alpakas einen Rinderschädel platziert, treibt er seine Kritik auf die Spitze. Dies evoziert ein Hinterfragen der Aneignung eines Brauchtums, der durch seine kolonialgeschichtliche Prägung einem Exotismus anheimfiel, der die folgende Kommerzialisierung begünstigte. 

(Lara Bader, Kunsthistorikerin MA)